Deadpool: Filmkritik zur Comic-Verfilmung mit dem großmäuligen Söldner

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Test Christian Dörre - Registrierte Benutzer
Deadpool: Filmkritik zur Comic-Verfilmung mit dem großmäuligen Söldner
Quelle: Twentieth Century Fox

Nach seinem misslungenen ersten Leinwand-Auftritt in X-Men Origins: Wolverine soll Deadpool nun in seinem eigenen Film endlich vernünftig dargestellt werden. Wir haben uns den Streifen im Rahmen einer Pressevorführung bereits angesehen und verraten euch, ob Fans des durchgeknallten Chimichanga-Liebhabers endlich den Film bekommen, den sie sich wünschen.

Deadpool ist endlich da! Ein Grund zur Freude? Quelle: Twentieth Century Fox Deadpool ist endlich da! Ein Grund zur Freude? Rückblende: Wir schreiben das Jahr 2009. Twentieth Century Fox präsentiert den ersten Solo-Film von Wolverine mit Hugh Jackman in der Hauptrolle. X-Men Origins: Wolverine erzählt die Hintergrundgeschichte zum wohl bekanntesten Marvel-Mutanten und erklärt dabei, wie aus Logan die Adamantium gestählte Bestie wurde. Warum wir euch an diesen unterdurchschnittlichen Streifen mit miesem Drehbuch erinnern? Nun, neben Wolverine hatte auch Wade Wilson alias Deadpool dort seinen ersten Leinwand-Auftritt. Auch damals wurde der Söldner schon von Ryan Reynolds verkörpert, der nichts davon umsetzen durfte, was den Charakter zu einem Liebling der Comic-Fans machte. Statt zwei Katanas auf dem Rücken hatte Deadpool jeweils eine Klinge in den Unterarmen stecken. Statt ihn ein übertrieben blutiges Gemetzel anrichten zu lassen, musste alles kinderfreundlich sein und wurde mit billigen CGI-Effekten übertüncht. Und am Allerschlimmsten: Statt Wade seine liebenswert-blöden Sprüche reißen zu lassen, wurde ihm einfach der Mund zugenäht.

Trotz der Bitten des bekennenden Deadpool-Fans Ryan Reynolds wurde ein Solo-Film zum durchgeknallten Söldner, der die Fans beschwichtigen sollte, nicht bewilligt. Stattdessen drehte Reynolds für Warner Bros. die Verfilmung des DC Comics Green Lantern, welche nicht nur floppte, sondern auch noch so unfassbar mies war, dass der Wolverine-Film von 2009 im direkten Vergleich schon fast wie ein Oscar-Kandidat wirkt. Durch die Erfolge der von DIsney(/Marvel) produzierten Marvel-Superhelden-Filme drängte aber auch Fox wieder auf den Markt und nutzte die verbliebenen Lizenzen. Die X-Men feierten mit zwei starken Filmen ein tolles Comeback und die Fantastic Four versuchten es zumindest. Doch auch Deadpool bekam endlich grünes Licht. Nach jahrelangem Betteln von Fans (und von Ryan Reynolds) willigte das Studio schließlich ein, dem albernen Söldner-Blödian eine Chance zu geben. Und nicht nur das: der Film musste sich nicht an eine Jugendfreigabe halten, sondern durfte auf das benötigte R-Rating abzielen. Gute Voraussetzungen also. Allerdings merkt man dem endgültigen Produkt dann doch an, dass es den Verantwortlichen ein wenig an Vertrauen zur Marke Deadpool fehlte.

Die Last der Geschichte

Die Bösewichte sind so unglaublich böse, dass dies sämtliche weiteren Charaktereigenschaften verdrängt hat. Böse! Quelle: Twentieth Century Fox Die Bösewichte sind so unglaublich böse, dass dies sämtliche weiteren Charaktereigenschaften verdrängt hat. Böse! Zurück also in die Gegenwart. Und hier feiern wir nach der Pressevorführung des Films kein rauschendes Fest mit jeder Menge Chimichangas, weil unser Liebling Deadpool den ganzen herzensguten Superhelden mal so richtig in den Allerwertesten tritt. Vielmehr kommt es uns so vor, als ob der Film eher eine solide Basis für einen zweiten Teil darstellt, wenn das Studio mehr Geld locker macht und man keine langgezogene Origin-Story mehr erzählen muss. Dadurch dass die Hintergrundgeschichte von Deadpool im Wolverine-Film nämlich so arg verwurstet wurde, müssen wir im Film damit leben, dass dieser Murks von 2009 verworfen und stattdessen die Entstehung des Anti-Helden noch einmal neu erzählt wird.

Das ist allerdings eben auch einer der großen Schwachpunkte von Deadpool. Nicht, weil die Neu-Erzählung nicht nötig wäre oder weil die Geschichte so schlecht ist. Sie ist zwar arg flach, aber auch nicht schlimm oder gar nervig. Da hat man in einigen Superhelden-Filmen der letzten Jahre schon Schlechteres geboten bekommen. Sie nimmt einfach nur einen zu großen Teil des Films ein und dafür ist sie eben einfach zu simpel und nicht gut genug inszeniert.

Die Liebesgeschichte hat ihre seichten Momente, bietet aber meist tolle Dialoge zwischen zwei sympathischen Schandmäulern. Quelle: Twentieth Century Fox Die Liebesgeschichte hat ihre seichten Momente, bietet aber meist tolle Dialoge zwischen zwei sympathischen Schandmäulern. Fassen wir die Story mal kurz zusammen: Der ehemalige Special Forces Soldat Wade Wilson verdient seinen Lebensunterhalt inzwischen als Söldner und lernt schließlich die schöne Prostituierte Vanessa (Morena Baccarin, bekannt aus Firefly) kennen und lieben. Als bei Wade Krebs diagnostiziert wird, nimmt er schweren Herzens das Angebot einer zwielichtigen Organisation an, die ihn von seiner Krankheit kurieren und zum Superhelden mutieren möchte. Der Bösewicht Ajax (Ed Skrein) und seine Assistentin Angel Dust (Gina Carano), deren einzige Charaktereigenschaft es ist, unfassbar böse zu sein, foltern ihn jedoch und führen brutale Experimente an ihm durch. Dadurch werden zwar die regenerativen Kräfte von Wade freigesetzt, jedoch sieht er auch aus "wie ein Hoden mit Zähnen" (um es mal wie Deadpool auszudrücken).

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Deadpool: Anti-Held mit großer Klappe - zweiter deutscher Trailer

Da er so seiner Vanessa nicht mehr unter die Augen treten möchte, zwängt sich Wade also in sein rot-schwarzes Kostüm, nennt sich Deadpool und nimmt nach und nach die komplette Organisation auseinander, um Ajax aufzuspüren, damit dieser ihn wieder gut aussehen lassen kann. Das war wirklich der gesamte Plot (oder zumindest alles Relevante, was man verraten kann, ohne zu spoilern). Man kann jetzt natürlich darüber diskutieren, ob so eine Love-Story überhaupt zu Deadpool passt, aber das ist gar nicht mal das Problem. Die Dialoge zwischen dem durchgeknallten Söldner und seiner Herzdame sind sogar die meiste Zeit überaus unterhaltsam, da beide über ein sehr großes Schandmaul verfügen. Das Problem ist eher, dass die Story mit ihren blassen Bösewichten nicht genug hergibt, um den Film über die gesamte Laufzeit von 108 Minuten interessant zu halten.

Deadpool geizt leider etwas mit Action-Szenen. Quelle: Twentieth Century Fox Deadpool geizt leider etwas mit Action-Szenen.

Gesplatter durch die vierte Wand

"Was kümmert denn die flache Story, wenn Deadpool Fieslinge aufmischt und seine bescheuerten One-Liner loslässt?", mag man sich jetzt fragen. Jedoch passiert außerhalb der Geschichte mit vielen (witzigen) Dialogen eben sehr wenig. Klar, die doofen und politisch inkorrekten Sprüche von Deadpool machen meistens richtig Laune und haben tatsächlich nur wenige Fremdschäm-Momente, doch der Film geizt sehr mit Action-Szenen, in denen Wade zur Höchstform aufläuft. Eigentlich gibt es sogar nur zwei nennenswerte Passagen, in denen die Post abgeht: Am Anfang die aus dem Trailer bekannte Szene, in der Deadpool einen Haufen Fieslinge auf einer Autobahn zerschnetzelt, und eben den finalen Kampf mit Dr. Evil... Entschuldigung, wir meinen natürlich Ajax. Dazwischen wird die Story in Rückblenden erzählt.

Der Geruch des Erfolgs? Wir hoffen auf mehr Budget für den zweiten Teil. Quelle: Twentieth Century Fox Der Geruch des Erfolgs? Wir hoffen auf mehr Budget für den zweiten Teil. Hier merkt man eindeutig, dass dem Film von Regisseur Tim Miller einfach zu wenig Budget zur Verfügung stand. Dies wird sogar direkt thematisiert. So fragt Deadpool beispielsweise einmal, warum ihm eigentlich nur Negasonic und Colossus begegnen und ob für die anderen X-Men nicht genügend Kohle da war. Das ist zwar witzig, täuscht aber eben nicht über diese auffällige Schwäche des Films hinweg. Ihr merkt jedoch an diesem Beispiel schon: das Deadpool-typische aus den Comics bekannte Durchbrechen der vierten Wand, findet auch im Film statt. Deadpool ist sich jederzeit bewusst, dass er gerade in einem Film ist und spricht des Öfteren direkt in die Kamera zu den Zuschauern. Dies ist meistens recht lustig aufgezogen, wirkt an wenigen Stellen aber auch etwas bemüht. Schade hingegen ist, das Wade im Film nicht mit seiner Schizophrenie zu kämpfen hat. So sehr die Dialoge der Stimmen in Deadpools Kopf auch zu den Highlights in der Comic-Vorlage zählen, wäre dies bei einer Verfilmung aber wohl auch schwer umzusetzen gewesen.

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Wenn denn dann doch mal Action losbricht, ist Deadpool in seinem Element und nutzt seine 16er-Freigabe voll und ganz. Allein in der ersten Szene gibt es allerhand zermatschte Körper, abgetrennte Gliedmaßen und herumspritzende Gehirnmasse zu sehen. Aufgrund des augenzwinkernden Tons des Films wirkt dies aber eben nie zu übertrieben. Hier fängt der Streifen eigentlich genau richtig den Charme der Comics ein. Vor allem wenn Deadpool an sich selbst Amputationen vornimmt, um seine Gegner auszutricksen, bleibt garantiert kein Auge trocken. Die Action-Szenen sind zwar nicht unbedingt herausragend inszeniert, machen aber immer Spaß. Auch deshalb wünscht man sich, dass eben mehr dieser Passagen vorkommen.

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9 /10
    • Kommentare (25)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von Poulie Stille/r Leser/in
        Ich war am letzten Freitag im Kino und fand ihn echt geil. Lohnt sich!
      • Von Poulie Stille/r Leser/in
        Ich war am letzten Freitag im Kino und fand ihn echt geil. Lohnt sich!
      • Von RedDragon20 Spiele-Professor/in
        Zitat von xNomAnorx
        Ich fand beide X-Men überraschend amüsant, sowohl der viel zu nette Colossus, als auch das pubertierende Teenie-Mädchen hatten ihren ganz eigenen Charme.
        Dem muss ich zustimmen. Die beiden haben zusammen mit Deadpool für einige Lacher gesorgt. :) Ich denke mal, mit mehr Screentime hätten sie sich besser einfügen können.
        Aber nichtsdestotrotz waren die beiden völlig austauschbar.
      • Von xNomAnorx
        Zitat von RedDragon20
        Eine Klopperei und ein dämlicher Wortwechsel mit Wolverine wären mir wirklich lieber gewesen.
        Dem kommt leider das Budget in die Quere. Bei den Beschränkungen die vorlagen, hätte man sich Hugh Jackman nie im Leben leisten können.
        Nicht umsonst macht Deadpool ja auch über die Budgetbeschränkungen in Bezug auf die X-Men einen Witz.
        Ich fand beide X-Men überraschend amüsant, sowohl der viel zu nette Colossus, als auch das pubertierende Teenie-Mädchen hatten ihren ganz eigenen Charme.
      • Von RedDragon20 Spiele-Professor/in
        Hab mir den Film heute im Kino angesehen. Der Plot mag 08/15 sein und die Bösewichte eben...ja, böse halt. Aber der Film hat mich positiv überrascht.
        Das geringe Budget sieht man dem Film überhaupt nicht an. Die Action passt und ist top inszeniert (gerade am Ende), die Sprüche sind absoluter Bullshit und deswegen herrlich genial ( :ugly: ) und auch dazwischen passt alles.

        Nur werde ich vermutlich niemals verstehen, warum ausgerechnet Captain Chrome und seine minderjährige Nachteule dort mit spielen mussten. Die beiden haben zwar für eine der witzigsten Szenen im Film gesorgt, waren aber ansonsten so austauschbar und irrelevant für den Verlauf des Films, wie es nur geht. Eine Klopperei und ein dämlicher Wortwechsel mit Wolverine wären mir wirklich lieber gewesen.
      • Von xNomAnorx
        Zitat von Celerex
        Jeremy Jahns und Chris Stuckmann sind auch meine Favouriten. Wer dem Englischen nicht fähig ist, kann auch auf Robert Hofmann zurückgreifen, nachdem es Frank Tausch nicht mehr gibt. Mit Robert bin ich zwar auch nicht immer einer Meinung, aber meistens gehen die Kritiken insbesondere in ihrer Qualität absolut in Ordnung.
        Frankt war früher der Mann auf desse Meinung ich mich verlassen habe. Immer noch traurig :-(
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